Nachkriegs- und DDR-Zeit

(1945 - 1947)

Im Oktober 1945 war eine Notbrücke über die Alte Oder fertiggestellt. Bis dahin bewältigte unsere alte Fähre den Verkehr. Sie ging vom linken Ufer (erste Gasse der Berliner Straße) bis gegenüber zum Texdorfschen Grundstück, und der Verkehr über den.Bauplatz zur Wilhelmstraße. Die alte Fähre sank jedoch öfter ab, wenn sie zu schwer beladen war. Es waren dann aber meistens die Kühe drauf, Menschenleben kamen nicht in Gefahr. Nach der Rübenernte im Oktober/November wurde Sirup gekocht. Es gab wohl kaum ein Haus, wo nicht der süßliche Duft zog, und von da an ging es mit der Verpflegung langsam aufwärts. Nun hatte man Brotaufstrich, die Schrotsuppen wurden mit Sirup gesüßt, und der wurde auch sonst zu allen erdenklichen Gerichten verwendet.

Von den Flüchtlingen aus den Ostgebieten bekam Oderberg auch ein Teil ab. Sie wurden meistens in den leerstehenden Häusern vom Steinlager und der Siedlung untergebracht. Die Verkehrsverhältnisse hier waren trostlos; durch die Brückensprengungen und sonstige Kriegseinwirkungen waren die Gleisanlagen zerstört, so daß die nächste Eisenbahnstation Eberswalde war. Dorthin fuhr in der Woche einmal ein Oderberger Bauer (Schultenaugust) mit einem Einspänner-Fuhrwerk. Er konnte aber nur das Gepäck aufladen, die Leute mußten daneben gehen. Es dauerte 4-5 Stunden nach Eberswalde. Die Lebensmittel (Mehl, Grütze usw.) wurden von Angermünde geholt, das damals noch unsere Kreisstadt war; ebenfalls mit Pferdegespann. Auch die Post wurde in der gleichen Weise befördert. Im Frühjahr 1946 nahm ein Personendampfer eine Fahrverbindung von hier nach Berlin auf, dem sich zwei weitere Dampfer anschlossen. Die Fahrt dauerte 10 Stunden hin und auch ebensoviele wieder zurück. Man brauchte also immer mehrere Tage für eine Reise nach Berlin. Aber trotzdem wurde davon reger Gebrauch gemacht, und die Dampfer waren, bei fast täglicher Fahrt, meistens überfüllt.

So ging es ganz allmählich wieder aufwärts, bis im Frühjahr 1947 eine neue Katastrophe für unsere Stadt hereinbrach - das Hochwasser. Das Bruch südlich der Alten Oder wurde 1947 unter Wasser gesetzt, so daß die Wintersaat verlorenging und die Bruchäcker im Frühjahr nur zu einem geringen Teil bestellt werden konnten und noch dazu alles so verspätet, daß die Ernten sehr zu Wünschen übrig ließen. Im Südteil der Stadt hatten viele Gebäude durch Wasserschäden zu leiden. Das Wasser stand in den unteren Geschossen von Anfang April bis Ende Mai. Im folgenden Jahr erfolgten wiederum mehrere Dammbrüche zwischen den Ortschaften Lunow und Hohensaaten, sowie an der Südseite der Alten Oder. Der Südteil unserer Stadt und vom Nordteil die Uferstraße geriet derart unter Wasser, daß die Kommunikation nur mittels hoher Laufstege oder mittels Kahn erfolgen konnte. Die unteren Geschosse der notleidenden Häuser mußten geräumt werden. Dabei versteht sich von selbst, daß auch durch diese Wassernot für die Beteiligten ein beträchtlicher Sachschaden entstanden ist.

Weit übertroffen würden die Wasserschäden aus den Jahren 45 und 46 durch die Katastrophe, die in diesem Frühjuhr über das gesamte Oderbruch und damit auch über Oderberg hereinbrach. Das Wasser erreichte die Höhe von 4,80 Meter über dem Stand des Normalpegels. Sämtliche Polder waren überflutet, alle Deiche und Dämme erlitten schwerste Beschädigungen. Die Gebäude südlich des Flusses mußten Ende März sämtlich geräumt werden, die Bewohner mit allem Hausrat und Vieh wurden im Nordteil der Stadt untergebracht. Dank dem Verständnis der gesamten Bevölkerung vollzog, sich die Räumung und anderweitige Unterbringung jedoch nahezu reibungslos, ebenso die Sicherstellung der Vorräte an Lebensmitteln und Rohholz, die in der Nähe des Wassers untergebracht waren und auf höhergelegene Plätze verlagert werden mußten. Alle dazu erforderlichen Abordnungen sind von unserem Stadtoberhaupt mit bemerkenswerter Fürsorge und Umsicht getroffen und von der Einwohnerschaft gewissenhaft ausgeführt worden. Dieser Zusammenarbeit ist es auch züi verdanken, daß der eingetretene Schaden, der allein für die Stadt Oderberg immerhin 2 Mill. Mark zu schätzen ist, nicht noch größere Ausmaße angenommen hat, und daß vor allen Dingen der Verlust von Menschenleben nicht zu beklagen war. Auch der Schaden, den die landwirtschaftlichen Betriebe in diesem Jahr erleiden, ist weit höher, als derjenige, der Vorjahre. Abgesehen von dem Verlust der Winterung kann auch keine Frühjahrsbestellung im Bruch mehr erfolgen und noch auf lange Zeit haben die Acker- und Wiesenflächen unter den Verwüstungen zu leiden, die das Wasser in diesem Jahr angerichtet hat.

Dem Vernehmen nach, sollen die an Baulichkeiten eingetretenen Schäden, die sich infolge der Überschwemmung der beiden Vorjahre naturgemäß mehr ausgewirkt haben, als wenn ein einmaliges Ereignis in Frage stände, auf schnellstem Wege durch Beschaffung des nötigen Materials und Gemeinschaftsarbeiten behoben werden. Es ist zu hoffen, daß alle darauf gerichteten Bestrebungen unserer StadtverwaItung von Erfolg sein möchten, und. daß wir für absehbare Zeit von weiteren Wassernöten bewahrt bleiben.

aus den Aufzeichnungen von Frau Kolloff

(1945 - 1989)

Der 2. Weltkrieg brachte für Oderberg enorme Zerstörungen - aber nicht durch Kriegseinwirkung, sondern durch Aktionen der deutschen SS. Sie sprengte die Stadtbrücke, die Eisenbahnbrücke, die Windmühle und den Aussichtsturm. In der Nacht vom 19.4. zum 20.4.1945 gingen auch noch die Holzvorräte der Sägewerke in Flammen auf. Schon eine Woche später besetzten sowjetische Truppen die Stadt kampflos. Häuser wurden durchsucht und geplündert. Es gab kaum Lebensmittel. Jeder Oderberger erhielt für 10 Pfennig Brot pro Tag. Gemüse gab auch erst später, da die Felder erst im Juni bestellt werden konnten. Ab und zu gab es Pferdefleisch. Viele Leute erkrankten an Ruhr und Typhus, wobei aber nur ein Arzt im Ort war (Dr. Felsmann). Eine russische Chirurgin half aus. In der "Millionenvilla" wurde vorübergehend ein Militärlazarett eingerichtet. Das Krankenhaus war während der Thyphusepedimie überbelegt. Die Kranken mußten eigene Betten und Wäsche mitbringen. Geholt wurden die Kranken von Herrn Neuendorf oder Herrn Steinweg mit einer Karre oder mit einem Pferdewagen. Es gab im Krankenhaus kein Wasser; es mußte von Herrn Mondiens geholt werden. Zum Waschen wurde das Regenwasser aufgefangen. Das Essen wurde aus allen möglichen Pflanzen gekocht, um die Vorräte zu verlängern.

Zur Verbindung der beiden, durch die Brückensprengung getrennten, Stadtteile wurde zunächst ein Fährbetrieb eingerichtet. Durch Überladung mit Kühen sank diese jedoch desöfteren. Die Versorgungslage verbesserte sich bis November, als nach der Rübenernte Sirup gekocht werden konnte. Die Eisenbahnverbindungen waren unterbrochen. Der nächste Bahnhof war Eberswalde, wohin ein Oderberger Bauer einmal pro Woche mit seinem Einspännerfuhrwerk fuhr. Die Fahrt dauerte 4-5 Stunden. Aufgeladen wurde nur das Gepäck - die Leute mußten nebenherlaufen. Lebensmittel wie Mehl und Grütze wurden aus der damaligen Kreisstadt Angermünde geholt, wie auch die Post. Nachdem die Wasserstraßen im Frühjahr 1946 von Trümmern geräumt worden waren, bildete zunächst der Dampfer "Anna II" das einzige Verkehrsmittel nach Berlin. Kurz darauf kamen zwei weitere Dampfer hinzu, die fast täglich fuhren. Die Fahrt dauerte 10 Stunden - und trotzdem wurde reger Gebrauch davon gemacht. An motorisierten Landfahrzeugen standen Oderberg und den Nachbardörfern 1946 nur ein Trecker, zwei LKW und ein stadteigenes Dreirad zur Verfügung. Im selben Jahr nahm das Sägewerk an der Eberswalder Chaussee mit alten Maschinen die Arbeit wieder auf.

Bis 1946 hatten sowjetische Soldaten mit Unterstützung der Bürger eine Notbrücke errichtet. Ein durch Kriegsschäden bedingter Deichbruch überschwemmte im Februar 1946 Wiesen und Felder. Die größte Überschwemmungskatastrophe brach jedoch im März und April 1947 herein, wo die halbe Stadt unter Wasser stand. Südlich der Alten Oder mußten die Einwohner mit Kähnen versorgt werden bzw. größtenteils ihre Häuser verlassen und in andere Stadtteile ziehen - das Wasser reichte bis in das erste Obergeschoß.

Im Jahre 1948 wurde im Rat der Stadt beschlossen, ein Altersheim einzurichten, da durch den Zuzug von Umsiedlern viele ältere alleinstehende Bürger unterzubringen waren. Dafür wurde im Steinlager ein Doppelhaus frei gemacht und seinem neuen Zweck entsprechend hergerichtet. Schon bald konnten die ersten Bürger einziehen. Später wurde ein zweites Haus dazugenommen und so das Heim erweitert. Im Laufe der Zeit wurde der Zustand dieser Häuser verbessert. Mit dem Einbau von Fenstern wurden die Veranden wetterfest gemacht, die Räume wurden mit neuen Möbeln ausgestattet und die alten Möbel, die die Bewohner mitbrachten, ausrangiert. Später wurde auch eine Zenralheizung eingebaut.

Nach Gründung der DDR ...

1950 wurde das städtische Belegkrankenhaus vom Gesundheitswesen übernommen. Es wurde ein ärztlicher Leiter eingesetzt, der allein für die Behandlung der Patienten zuständig und verantwortlich war. Im Krankenhaus wurde eine poliklinische Ambulanz eingerichtet und 1951 kam der erste PKW zum Einsatz.

1951 konnten wieder die ersten Züge über die Eisenbahnbrücke fahren.

1952 wurde die Apotheke in Oderberg (Angermünder Str.) renoviert und modernisiert. Die Apotheke wurde während des Krieges nicht beschädigt, hatte aber mit Schwierigkeiten zu kämpfen, da keine Medikamente verfügbar waren. Die allgemeine Verstaatlichung der Apotheke geschah 1955, wobei die Besitzerin Frau Kruse eine Entschädigung erhielt. Die Apothekerin Frau Will schloß mit dem Staat einen neuen Pachtvertrag ab.

Apotheke

Aus dem örtlichen landwirtschaftlichen Betrieb entstand 1955 die LPG (Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft) "Befreite Erde" und 1960 durch die Eingliederung Neuendorfs die größere LPG "Erster Mai", aus der sich schließlich der Gemeindeverband mit Oderberg und mehereren Dörfern gebildet hat.

1956 wurde die heutige Stahlbrücke über der Alten Oder errichtet, und 1958 rollten die ersten Fahrzeuge über die neue vollgeschweißte Stadtbrücke.

Brücke

Die alte Volksschule entwickelte sich stufenweise zur Polytechnischen Oberschule "Werner Seelenbinder". Die 1954 gegründete Heimatstube entwickelte sich zu einem Spezialmuseum für Binnenschiffahrt.

Das neuerrichtete Landambulatorium konnte 1957 bezogen werden, wodurch die ambulante und medizinische Versorgung der Bevölkerung weiter verbessert werden konnte.

Die Schiffswerft

Der Schiffbau hat in Oderberg eine lange Tradition. Die Geschichte der Schiffswerft reicht zurück bis zum Beginn dieses Jahrhunderts. Auf der Oderberger Gewerbeausstellung 1927 wurde von der Werft v. Vogel ein Maßkahn vollständig aus Eisen vorgestellt, der 350t tragen konnte. Es war das 10. Schiff dieser Werft. Oft wechselte der Besitzer der Werft, die 1938 staatliches Eigentum wurde. Während des 2. Weltkrieges wurden auf der Werft Teile für U-Boote produziert. Nach den Zerstörungen durch die SS und dem Wirken der Sowjets war nicht mehr viel von der Werft übrig. 1945 waren nur rund 30 Arbeiter mit Aufräumarbeiten beschäftigt. Die Überschwemmungskatastrophe 1947 führte zur halbjährigen Stillegung. 1948 nahm sie als SAG-Betrieb die Arbeit mit 180 Arbeitern zunächst als Reparaturwerft wieder auf. 1952 waren bereits wieder 300 Menschen hier beschäftigt. Gefertigt wurden Kranbrücken und Loggerbauten. Nachdem der SAG-Betrieb 1953 als VEB an die DDR übergeben wurde, begann man mit Neubauten, wie dem 18 m-Stahlkutter, von denen etliche für die Sowjetunion gebaut wurden. Der erste große Auftrag war der Bau von 61 Fischkuttern, deren erster auf den Namen "Drushba" (russisch für: Freundschaft) getauft wurde. Der letzte erhielt den Namen eines Widerstandskämpfers: "Gottfried Bürger". Ab 1956 wurde das Produnktspektrum durch Klappschuten, einen Wohnschiff, einen Schlepper und Finowmaßkähne erweitert. 1963 wurde die Produnktion auf Lukenabdeckungen System Wenzel-Bauer umgestellt, 1964 auf hydraulische nach Mac Grezor. Kunden waren Rostock, Stralsund und Wismar. 1964 wurden knapp 4000 t Stahl verarbeitet

Die heutige Hermann-Seidel-Str. (ehemals Ernst-Thälmann-Str.) in den 60er Jahren:

 

 

 

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